Wenn digital und analog Hand in Hand gehen

Ein Gespräch über Chancen und Zukunft des hybriden Lehrens

Das neue Schuljahr steht in vielen Bundesländern schon wieder in den Startlöchern. Wie der Unterricht genau aussehen wird, ist vielerorts allerdings noch unklar. Neben Distanz- und Präsenzunterricht hat die Pandemie auch die Form des Hybridunterrichts hervorgebracht. Wir haben mit zwei Lehrkräften darüber gesprochen, welche Chancen aber auch Herausforderungen sie in dem neuen Unterrichtsmodell zwischen Digital und Analog sehen.

Was bedeutet hybrider Unterricht für euch?

Alexandra: Hybrider Unterricht bedeutet für mich zunächst, dass ein Teil der Kinder in der Schule und ein Teil zu Hause lernt. Die Lerninhalte müssen demnach so aufbereitet werden, dass die Kinder sie auch aus der Distanz eigenständig erarbeiten können.

Dieter: Für mich bedeutet das hybride Unterrichten vor allem, dass der Unterricht weder zeit- noch ortsgebunden ist. Das heißt aber auch, dass ich als Lehrkraft den Schüler:innen nicht immer direkt Feedback geben muss und insgesamt mehr Flexibilität entsteht.

Welche Chancen seht ihr im Modell des hybriden Unterrichtens?

Dieter: Vor allem die Art der Kommunikation ist für die Schüler:innen ganz neu, sie müssen jetzt lernen, mit digitalen Medien umzugehen. Insgesamt bringt der hybride Schulalltag viel Neues mit sich und die Schüler:innen arbeiten viel selbstständiger.

Alexandra: Nicht nur für die Kinder, auch für uns Lehrkräfte ist hybrider Unterricht eine gute Chance, Medienkompetenzen zu erwerben. Ich als ältere Lehrkraft hatte zunächst Sorge, durch die Digitalisierung abgehängt zu werden. Durch die Notwendigkeit habe ich aber erfahren, dass es Spaß macht, neue Welten und Möglichkeiten zu entdecken. Insgesamt wurde meiner Meinung nach durch die Corona-Pandemie im digitalen Bereich einiges vorangetrieben.

Wie können einzelne Schüler:innen durch das hybride Lernen individuell besser gefördert werden?

Dieter: Das hybride Modell bietet hier auf jeden Fall mehr Möglichkeiten als Unterricht im Klassenraum. So kann ich zum Beispiel einzelnen Schüler:innen, Hilfe in einem separaten Online-Konferenzraum anbieten, ohne dass immer gleich die ganze Klasse dabei sein muss. Ich kann viel besser auf Einzelne eingehen und Fragen individueller beantworten. Die Rückmeldungen sind dann meist auch verständlicher für die Schüler:innen, da Probleme zielgerechter behandelt werden können.

Was sind die Herausforderungen des hybriden Modells?

Alexandra: Für uns als Lehrkräfte ist wohl die größte Herausforderung, sich durch die Masse an Möglichkeiten zu navigieren und nur die Tools zu verwenden, die tatsächlich sinnvoll für unseren Unterricht sind. Wir tauschen uns dafür regelmäßig im Kollegium aus und nutzen häufig Tools, die Kolleg:innen bereits getestet haben. Ansonsten helfen Fortbildungen, in denen spezifische Tools ausführlicher vorgestellt werden.

Dieter: Die Hälfte der etwa 360 Schüler:innen an unserer Schule konnten wir glücklicherweise mit einem Tablet vorsorgen. Aus meiner Sicht fehlt es also nicht an den technischen Voraussetzungen, sondern vor allem an der Motivation der Schüler:innen – es ist viel schwieriger, sie aus der Distanz bei der Stange zu halten.

Denkt ihr Elemente des hybriden Modells bleiben auch in der Zeit nach Corona bestehen?

Alexandra: Wünschenswert wäre es. Die Schüler:innen entwickeln aktuell wichtige Kompetenzen wie Selbstständigkeit. Außerdem bekommen sie durch die neuen technischen Geräte einen ganz anderen Zugang zum Lernen und Arbeiten. Statt sich nur berieseln zu lassen, gestalten sie aktiv mit. In Zukunft können auch Schüler:innen, die krank sind, durch Videokonferenzen und Co. besser in das Unterrichtsgeschehen eingebunden werden. Zudem können Lehrkräfte Videosprechstunden zur Unterstützung bei den Hausaufgaben für die Kinder anbieten, denen es ansonsten an Hilfe fehlt. Unsere Schule hat da folgende Vision für die Zukunft: Jedes Kind hat sein eigenes Tablet wie ein Schulbuch in der Tasche und kann damit räumlich ungebundene vielfältige Formen des kooperativen Arbeitens ausprobieren.

Dieter: Ich denke das nicht, bislang fehlen dazu einfach die Voraussetzungen. Dafür müsste das System Schule viel flexibler werden. In naher Zukunft wird sich daher nicht viel ändern. Ein freieres Gestalten und das Denken in Kompetenzen statt Fächern wäre aber ein wünschenswertes Ziel für die Zukunft.

Wie können Initiativen wie Coding For Tomorrow Lehrkräfte noch besser beim Hybridunterricht unterstützen?

Alexandra: Mit einem breiten Fortbildungsangebot, welches an Schulen noch präsenter gemacht werden sollte. Dabei ist auch die didaktische Anknüpfung der vermittelten Inhalte sehr wichtig, um schnell selbst im Unterricht starten zu können.

Dieter: Meiner Meinung nach brauchen die Lehrkräfte selbst ein Interesse daran Neues zu lernen und umzusetzen. Außerdem müssen sie die Notwendigkeit erkennen, digitale Tools auch für ihren Unterricht einzusetzen. Es kann natürlich nicht jede Lehrkraft programmieren, aber einzelne Bauteile können alle verwenden. So lässt sich eine Präsentation beispielsweise super durch ein Plakat mit dem Makey Makey ergänzen. Den Kolleg:innen fehlt da manchmal die Vorstellungskraft von dem, was möglich ist.

Alexandra, eure Schule konnte bereits an einem hybriden Projekttag mit Coding For Tomorrow teilnehmen, wie ist das abgelaufen und was ist nachhaltig geblieben?

Alexandra: Vor dem Projekttag haben detaillierte Absprachen stattgefunden und es war super, dass Coding For Tomorrow so flexibel war. Der Moderator war per Videokonferenz zugeschaltet, ich konnte den Schüler:innen vor Ort helfen. Der Projekttag war auf jeden Fall nachhaltig, denn die Schüler:innen nutzen ScratchJr auch weiterhin in ihrer Freizeit und finden eigenständig neue Möglichkeiten, ihre Projekte weiterzuentwickeln.

Wir bedanken uns herzlich bei Alexandra und Dieter für das Interview!

Alexandra Bücken ist Lehrerin an der Volker Rosin Grundschule in Düsseldorf.

Dieter Herzberger ist Lehrer an der Katholischen Hauptschule St. Benedikt in Düsseldorf.

Bevor sie in den hybriden Unterricht wechseln mussten, besaßen die Schulen der beiden Lehrenden zwar ein Medienkonzept, besaßen aber kaum technische Ausstattung oder Know-how in der Verwendung digitaler Werkzeuge. Durch die Corona-Pandemie und dem damit verbundenen Distanz- oder Hybridunterricht haben Schulleitungen und Lehrkräfte gleichermaßen die Chancen erkannt, die sich durch die Digitalisierung für den Schulalltag ergeben. Es bleiben aber trotzdem Fragen offen – zum Beispiel wie allen Schüler:innen dauerhaft ein Endgerät zur Verfügung gestellt werden kann.  Alexandra hat die Vision einer Schule, in der das Tablet genauso selbstverständlich in die Schultasche gehört, wie das Schulbuch. Ob das so kommen wird, können wir noch nicht wissen. Eins ist aber jetzt schon klar: Elemente des hybriden Unterrichts werden mit Sicherheit auch in Zukunft bleiben.

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